BERNARDAS TÖCHTER
Theater soll unterhalten und die Zuschauer zum Lachen bringen? Nicht unbedingt. Theater kann auch verstören, einen zum Nachdenken bewegen, schockieren, berühren, aufklären oder einem das Lachen im Halse stecken lassen. Genau das war die Intention des P-Seminars, als die Spielerinnen sich unter der Leitung ihrer Lehrkraft Katharina Gänßbauer und der Theaterpädagogin Sonja Hilpert von Federico Garcia Lorcas Text inspirieren ließen. Die Schülerinnen nahmen die Frauen des Stückes genauer unter die Lupe, durchdrangen die Charaktere, die Situation und den Zeitgeist, in den die vier Schwestern Angustias, Magdalena, Martirio und Adela „hineingeboren“ wurden. Es wurde ernsthaft und intensiv probiert, improvisiert und diskutiert. Die Schauspielerinnen näherten sich den Figuren an, betrieben Charakterstudien und verglichen sie mit ihrem Leben und ihrem eigenen Frausein. Dabei spielten besonders der Blick auf die individuelle Freiheit und das Recht auf ein eigenes Leben in jeglicher Hinsicht eine große Rolle. So entstanden eigene Texte und Szenen aus dem Hause Alba, die unter die Haut gingen. Die Aufführung von „Bernardas Töchter“ war ein Kaleidoskop aus Repressionen und Unterdrückung, Unterwerfung und dem verzweifelten Versuch der Ablösung von der Mutter. Die Inszenierung handelte in mancherlei Hinsicht von Emanzipation und von der Herausforderung, sich als Frau zu behaupten, seinen eigenen Weg zu gehen und seine Liebe zu leben. Doch es wird schnell deutlich, dass die Frauen nicht nur Opfer, sondern auch Komplizinnen ihrer eigenen Unterdrückung sind: Unterdrückung durch das System, durch gesellschaftliche Werte und Moralvorstellungen, durch die Mutter, die Schwestern und letztlich auch durch das eigene Verhalten. Die Figuren sind gleichermaßen Täter wie Opfer. Das dramatische Ende der Aufführung von „Bernardas Töchter“ lässt nicht nur die Töchter im Publikum nachdenklich zurück. Katharina Gänßbauer und Sonja Hilpert, Sommer 2023